Handlungskontexte
als Grenzen sozialer Gruppen:

zur Mobilisierung der Ortodoxen von Polock in ihrer Begegnung mit der Gegenreformation

Stefan Rohdewald

Die ganz überwiegend von ostkirchlichen Gläubigen bewohnte Stadt Polock geriet 1579 in direkten Kontakt mit der Gegenreformation. Im veränderten kulturellen Kontext organisierten sich im 17. Jh. in mehreren Phasen orthodoxe Bürger unter der Führung ihrer weltlichen Elite. Erst nach einigen Jahren inszenierten sie gegenüber der römisch orientierten Seite eine ebenbürtige und damit stark verwandte, aber als eigene empfundene sakrale Öffentlichkeit. Ihre feste Etablierung blieb jedoch aus, abgesehen von der internen Soziabilität der gegründeten Bruderschaften. Sie entstanden nach dem Vorbild katholischer Bruderschaften. Einige der wortführenden Akteure seitens der Orthodoxen waren im explizit religiösen Bereich und in der Kommunalpolitik dieselben. Ihre Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen war aber vom Kontext abhängig: Während sie im Rahmen der Kommunalpolitik als Mitglieder des städtischen Honoratiorentums agierten, traten sie nur im direkt religiösen Handlungsfeld explizit als Angehörige einer orthodoxen Gruppe auf. Nur in Situationen in diesem Bereich konnten sie grosse Teile der (ausserhalb der Gewalt des Rathauses stehenden) Stadtbevölkerung mobilisieren.

 

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